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Interview mit
dem Vorstand

Die entscheidenden Weichen der Aurubis-Strategie auf dem Weg zu verantwortungsvollem, profitablem Wachstum und zur Stärkung des Kerngeschäfts werden vor allem von ihnen gestellt: Vorstandsvorsitzender Roland Harings, Finanzvorstand Rainer Verhoeven und Produktionsvorstand Heiko Arnold. Ein Gespräch über Megatrends, Nachhaltigkeit, Wandel, Wachstum – und Freude.

 

Foto: Aurubis: Alle drei Vorstandsmitglieder von Aurubis
V.l.n.r.: Dr. Heiko Arnold, Chief Operations Officer; Rainer Verhoeven, Chief Financial Officer; Roland Harings, Chief Executive Officer

Herr Harings, nachdem Sie 2019 Ihr Amt als Vorstandsvorsitzender angetreten haben, kündigten Sie schon früh an, dass die Aurubis-Strategie überprüft werden sollte. Nach intensiven Monaten ist die überarbeitete Unternehmensstrategie nun fertig und wird ab jetzt ausgerollt. Was waren, was sind für Sie die wichtigsten Treiber hinter der Entwicklung?

Foto: Aurubis: Roland Harrings

ROLAND HARINGS Ich bin jemand, der sich alles zunächst genau ansieht und dann sehr direkt Dinge kritisch hinterfragt. Das wissen alle, die mich kennen. Die Aurubis-Strategie passte natürlich im Grundsatz zu dem spannenden Umfeld, wie ich es vorgefunden hatte: ein finanziell solides Unternehmen, das Primär- und Sekundärrohstoffe verarbeitet, in dem eine großartige metallurgische Kompetenz vorhanden ist. Aus Rohstoffen Wert schaffen, verantwortungsvoll handeln, effizient sein: alles richtig. Wir sind ja nicht in einem Markt tätig, der schnell drehenden Trends hinterherjagt. Unsere Produkte bilden die langlebige Basis für viele Branchen, von Automobil- bis Kabelindustrie.

Wenn wir uns allerdings umschauen, verändert sich gerade rasant viel – ob gesellschaftlich, politisch oder technologisch. Klimawandel, Elektromobilität, neue Energien, nachhaltiges Wirtschaften und Recycling: Durch die globale, digitale Vernetzung hängt alles mit allem zusammen. Und Aurubis leistet für fast jeden dieser Megatrends einen ganz entscheidenden Beitrag. Anders gesagt: Ohne unsere Metalle sind sie gar nicht möglich!

353 Mio. €
Operatives EBT
(Ergebnis vor Steuern)

Wie können wir nun in all diesen Bereichen noch besser werden und den Weg „from good to great“ gehen? Zum Beispiel, indem wir einen noch stärkeren Fokus auf das Recycling legen – ganz im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft in Europa, die politisch gewollt und auch notwendig ist. Oder, bezugnehmend auf unsere weiterentwickelte Strategie, wenn wir den Strategiepfeiler Wachstum nehmen: indem wir zum richtigen Zeitpunkt das erste Recyclingwerk in den USA bauen – ein Markt mit enormem Potenzial.

Strategie ist das eine. Es geht jedoch für Mitarbeiter auch um den Sinn und Wesenskern: Warum gehe ich morgens gern zu Aurubis? Weil das, was ich tue, relevant ist für die Welt von morgen, beispielsweise.

15,6%
Operatives ROCE
(Rendite auf das eingesetzte Kapital)

Was ist die wichtigste Aufgabe des Vorstands auf dem Weg des Konzerns in die Zukunft?

ROLAND HARINGS Wir als Vorstand müssen die oben genannten Potenziale identifizieren und zur richtigen Zeit gewinnbringend für Aurubis nutzen. Das ist unsere Aufgabe, bei der wir natürlich durch viele Kolleginnen und Kollegen und externe Parteien unterstützt werden. All das ist Teamarbeit. Und als Vorstand holen wir selbstverständlich die Unterstützung des Aufsichtsrats für diese strategischen Vorhaben ein.

Im Strategieprozess haben wir immer wieder Arbeitspakete vorgestellt und mit dem Aufsichtsrat diskutiert, denn hinter der Strategie stecken viele einzelne Projektvorhaben. Dass wir bisher für alles grünes Licht bekommen haben, zeigt das Vertrauen in unsere Arbeit. Die Verlängerung meines Mandats um fünf Jahre ist ebenfalls ein Zeichen dafür, dass der Aufsichtsrat unserem Weg zustimmt. Denn die Strategie wird zunächst mit dem CEO in Verbindung gebracht.

„Aurubis ist relevant und leistet einen ganz entscheidenden Beitrag für Zukunftstrends.“

— Roland Harings, CEO
Foto: Aurubis: Dr. Heiko Arnold

Bedeutet der Fokus auf Recycling in der Strategie jetzt, dass Primärrohstoffe bei Aurubis keine so große Rolle mehr spielen werden, Herr Arnold?

HEIKO ARNOLD Ganz im Gegenteil: Die Verarbeitung von Rohstoffen ist und bleibt unser Kerngeschäft – und zwar sowohl von Konzentraten als auch von Recyclingmaterialien. Beides gilt es zu stärken. Dafür investieren wir kräftig.

Die große Nachfrage nach Metallen wird auch in naher Zukunft noch nicht allein aus Recyclingmaterialien zu decken sein. Wachstum im Sinne von einem Bau oder Zukauf weiterer Primärhütten ist allerdings nicht geplant, weil zusätzliche Primärhütten in Europa nicht benötigt werden.

Zugleich nimmt das Aufkommen an Recyclingrohstoffen in Europa massiv zu. Hierfür gibt es aber noch nicht genug Verarbeitungskapazitäten. Diese komplexen Rohstoffe werden derzeit noch massiv nach Asien exportiert. Wir wollen deshalb die Verarbeitungsmöglichkeiten an unseren bestehenden Hütten weiter ausbauen, um noch mehr werthaltige Materialien auszubringen – nicht nur Kupfer, sondern auch mehr Zinn, Nickel oder Zink und weitere Metalle.

„Die Verarbeitung von sowohl Konzentraten als auch von Recyclingmaterialien bleibt unser Kerngeschäft.“

— Heiko Arnold, COO

Den eingeschlagenen Weg zum Multimetall-Unternehmen gehen wir konsequent weiter. Für mich als Vorstand der Produktion ist es wichtig, dass wir dabei auch operativ exzellente Leistungen zeigen. Der Schlüssel zur Profitabilität liegt nicht nur in unserer Fähigkeit, komplexe Konzentrate zu verarbeiten. Viel entscheidender sind Produktivität, Effizienz und Agilität in der Produktion, um auf Veränderung bei den zur Verfügung stehenden Rohstoffen optimal reagieren zu können!

Durch den Ausbau unseres Hüttennetzwerks arbeiten die Standorte schon jetzt effizienter und digitaler zusammen als zuvor, beispielsweise in der Verarbeitung von Zwischenprodukten im Konzern. Es macht mich stolz, zu sehen, wie engagiert die internationale Zusammenarbeit in einem komplexen Umfeld funktioniert.

„Wir wollen die Verarbeitungsmöglichkeiten an unseren bestehenden Hütten weiter ausbauen, um noch mehr werthaltige Materialien auszubringen.“

— Dr. Heiko Arnold, COO
Foto: Aurubis: Reiner Verhoever

Das alles geht nicht ohne Investitionen. Aurubis will strategisch wachsen. Was heißt das aus finanzieller Sicht, Herr Verhoeven?

RAINER VERHOEVEN Wir haben gerade das bisher beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte ausgewiesen. Hierfür spielen die derzeit guten Marktbedingungen natürlich eine wichtige Rolle: gestiegene Raffinierlöhne im Recycling, ein hohes Metallergebnis bei gestiegenen Metallpreisen sowie eine sehr gute Nachfrage nach unseren Produkten. Aurubis ist also auch in unsicheren Zeiten finanziell äußerst solide aufgestellt und das ist die optimale Voraussetzung für unsere Investitionsvorhaben.

Mit einem Eigenkapital von 2.648 Mio. €, einem Netto-Cashflow von 812 Mio. € und praktisch keiner Verschuldung sind wir in der Lage, unsere Wachstumsvorhaben relativ problemlos zu finanzieren. Das zeigte sich bereits beim Zukauf unserer Recyclingstandorte in Belgien und Spanien 2020, den wir mit einem erfolgreich platzierten Schuldscheindarlehen mit nachhaltiger Komponente über 400 Mio. € verknüpfen konnten, aber auch bei großen Umweltschutzinvestitionen wie in Hamburg oder bei der Investition von 300 Mio. € in das neue Recyclingwerk in den USA.

„Aurubis ist auch in unsicheren Zeiten finanziell äußerst solide aufgestellt.“

— Rainer Verhoeven, CFO

Andererseits muss ich als Finanzvorstand natürlich darauf achten, dass wir so effizient und kostenbewusst wie nur möglich agieren. Unsere Kostensenkungsmaßnahmen, wie das Performance Improvement Program (PIP), waren deshalb notwendig und zeigen Wirkung: Wir werden unser Ziel von einer Ergebnisverbesserung in Höhe von 100 Mio. € im Geschäftsjahr 2022/23 sicher erreichen.

Bei unseren Prozessen könnten wir allerdings noch besser werden. Hier sind Digitalisierung und Automatisierung wichtige Enabler, ebenso wie eine sinnvolle Ressourcenplanung. Durch neue Strukturen und Projekte haben wir auch hier gute Voraussetzungen geschaffen. Und wir haben noch viel vor.

„Digitalisierung und Automatisierung sind wichtige Enabler, ebenso wie eine sinnvolle Ressourcenplanung.“

— Rainer Verhoeven, CFO

48 %
Eigenkapitalquote

 

812 Mio. €
Netto-Cashflow

Herr Harings, Nachhaltigkeit ist auch ein integraler Bestandteil der Strategie. Aurubis will hier seine führende Rolle weiter ausbauen, ist jedoch unbestritten ein energie-intensives Unternehmen. Ein Spagat?

ROLAND HARINGS Ganz und gar nicht! Nachhaltigkeit war schon immer fester Bestandteil der Strategie von Aurubis. Der beschriebene gesellschaftliche und politische Wandel bringt es mit sich, dass der Anspruch, nachhaltig zu handeln, noch sichtbarer und wichtiger wird. Und das ist sehr gut so. Wirtschaftlicher Erfolg und nachhaltiges Handeln sind bei Aurubis kein Widerspruch.

Wir sind schon jetzt das nachhaltigste Hüttennetzwerk der Welt und bekommen dies auch von außen beglaubigt – etwa durch Bestätigungen über die Einhaltung hoher Umweltauflagen oder die Achtung der Menschenrechte, aber auch durch sehr gute Bewertungen und Auszeichnungen in ESG-Ratings. Dazu kommen unsere eigenen Initiativen zur Senkung von CO2-Emissionen oder Projekte zum Einsatz regenerativer Energien an unseren Standorten. Deutlich vor 2050 wollen wir klimaneutral produzieren. Unsere Nachhaltigkeitsziele 2030

Alle diese Vorhaben packen wir nun gemeinsam an – mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weltweit. Ich freue mich darauf!